Berlin. Die Evangelische Journalistenschule wird nicht weitergeführt, sondern soll endgültig geschlossen werden. Dies hat gestern der Aufsichtsrat des Gemeinschaftswerks der evangelischen Publizistik (GEP) nach zweijährigen intensiven Verhandlungen mit dem Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) einerseits und dem Unterstützer:innenkreis der EJS andererseits beschlossen. Das GEP ist Träger der Evangelischen Journalistenschule. Hintergrund der Entscheidung sind erwartete sinkende Kirchensteuereinnahmen bis 2030 und ein entsprechender Sparkurs in der evangelischen Kirche und dem GEP. Die Initiative „ejs_retten“ und der Freundes- und Förderverein der Evangelischen Journalistenschule e.V. zeigen sich enttäuscht und bedauern diese Entscheidung sehr.
Oscar Tiefenthal, Leiter der Evangelischen Journalistenschule:
„Eine bittere und falsche Entscheidung. An der EJS haben wir 27 Jahre lang unter ständigem Spardruck und mit verhältnismäßig kleinem Budget eine hochwertige Ausbildung gewährleistet. Ausgerechnet im Bereich Qualitätsausbildung für Journalistinnen und Journalisten die Lichter auszuknipsen, ist ein verheerendes Signal nicht nur für die evangelische Publizistik. Die Förderung von Professionalität, Zivilcourage, innerer Unabhängigkeit und Verantwortung im Journalismus war einmal ein zentrales Anliegen der Evangelischen Kirche. Gesellschaftliche Einmischung um Gottes und der Menschen willen, hieß es. Heute fehlt es am ernsthaften Willen, dafür auch Geld auszugeben. Die Selbstverzwergung der Evangelischen Kirche und der Niedergang der Evangelischen Publizistik sind so nicht aufzuhalten.“
Thorsten Dörting, EJS-Alumnus, SPIEGEL-Chefredakteur:
„Wir erleben derzeit eine Zäsur, in Deutschland, in Europa und in der Welt, womöglich sogar einen Epochenwechsel. Freiheit, Frieden und Demokratie sind unter Beschuss. Der Klimawandel droht Milliarden von Menschen die Lebensgrundlage zu entziehen. Eine globale Pandemie fordert noch immer viele Opfer. Die Welt steht also vor gewaltigen Herausforderungen. Und eine der schlechtesten Ideen in dieser Lage ist diese: Wir stoppen die Ausbildung von Menschen, die diese historischen Umbrüche als Journalistinnen und Journalisten kritisch und verantwortungsvoll begleiten.“
Natascha Gillenberg, Vorstandsvorsitzende des Freundeskreises der EJS:
„Wir sehen in diesen Tagen wieder Menschen, die um ihr Leben kämpfen, um ihre Freiheit, um ihre Würde - und um die Wahrheit, gegen Menschenverachtung und Propaganda. In den vergangenen zwei Jahren haben wir intensive Diskussionen darüber geführt, welche Bedeutung die journalistische Ausbildung für die Kirche und für unsere Gesellschaft hat – und ja: für das Unternehmen, das sie trägt. Ob es weiterhin zu verantworten wäre, diese wirtschaftliche Verpflichtung einzugehen, womöglich zulasten anderer Aufgaben. Wir erleben eine Zeitenwende mit entsprechenden radikalen politischen Kurskorrekturen auf allen Ebenen, die noch vor wenigen Wochen völlig undenkbar schienen. Und während die militärischen Verteidigungsetats erhöht werden, diskutiert die evangelische Kirche den Stand ihrer Friedensethik. Und schließt zeitgleich eine der wichtigsten Ausbildungsstätten für Journalismus. Diese Entscheidung entspricht weder den Herausforderungen dieser Zeit noch dem, was wir als Kirche beitragen können.“ |